Kollaboration und Kooperation – ein Plädoyer für mehr Zusammenarbeit in Schule

Noch immer plant jede zweite Lehrkraft den Unterricht lieber alleine als im Team. Dies ergab eine Umfrage zur Kooperation von Lehrkräften. Und ich frage mich: WARUM? Wir lernen den Schüler:innen, besonders in Zeiten der Pandemie, miteinander zu kollaborieren, stellen Arbeitsaufträge, die gemeinsam bearbeitet werden sollen, damit der Kontakt nicht verloren geht und Teamkompetenzen geschult werden können, auch wenn man alleine am PC sitzt. Warum also nicht auch als Kollegium die Vorteile der kollegialen Zusammenarbeit nutzen? Damit meine ich nicht, die strukturell bedingten Zusammenarbeitstermine wie Arbeitsgruppen, Fachschaftssitzungen oder bereits progressive “Einzelfälle” der kollegialen Zusammenarbeit in Fachschaften oder kleinen Teams, vielmehr geht es mir um den “Geist” der Zusammenarbeit, einen Perspektivwechsel hin zur Lehrkraft als Teamplayer, weg von der Lehrkraft als Einzelkämpfer.

Wir sitzen momentan alle am PC, Schulen laufen im Pandemiemodus. Wer bereits im Vorfeld mit Kolleg:innen zusammengearbeitet hat, Material gemeinsam entwickelt, an regelmäßigen Teammeetings teilnahm, der hatte vielleicht etwas bessere Voraussetzungen. Denn, sind wir ehrlich, ohne Kooperation und Kolleg:innen, die einem helfen, mit denen man sich austauschen und unterhalten kann, die einem Input geben, wäre man jetzt ziemlich allein. Die Lehrkraft als Einzelkämpfer ist im schulischen Pandemiemodus eine eher seltene Spezies. Warum diesen “Drive” also nicht beibehalten?

Hier sind Gründe, warum sich der Weg zum Teamplayer lohnt und wie Schulleitung ein wichtiger Motor sein kann

Kollaboration schafft Raum für Kreativität und abwechslungsreichen Unterricht!

Durch aktiven Austausch erhält man Ideen und Anreize für eine bessere Gestaltung des eigenen Unterrichts. Man reflektiert eigene Wege, eigene Methoden und verwirft mitunter bisherige Ansätze. Nach dem Referendariat erhält man nur selten die Möglichkeit, neue Unterrichtsmethoden, Tools oder didaktische Ansätze kennenzulernen und auszuprobieren. Vor allem in der Zeit der Pandemie, in der Schüler:innen wochenlang alleine am Rechner sitzen und teilweise ein Arbeitsblatt nach dem anderen bearbeiten müssen oder am Tag in 3 Videokonferenzen á 90 Minuten sitzen (ohne Bild – was die Sache genauso einsam macht), braucht es kreative Lösungen, auch innerhalb einer Klasse (-nstufe), um Wettbewerbe, Projekte etc. zu initiieren. Der kollegiale Austausch ist daher oftmals der einzige Weg, für die eigene Weiterentwicklung als Lehrkraft und die des eigenen Unterrichts. Also vernetzt euch! In einem Kollegium gibt es ungenutzte Ressourcen, jeder hat etwas beizutragen, je größer dieses Netzwerk, desto besser. Raus aus der eigenen Komfortzone, probiert aus, womit andere gute Erfahrungen gemacht haben, besucht Fortbildungen interner und externer Art. Momentan muss man dazu nicht mal das Haus verlassen. Digitale Formate sprießen aus dem Boden, seit langem gab es nicht mehr so viel Gutes wie jetzt. Die Fortbildung ist nur einen Klick entfernt. Besucht die Fortbildungen gemeinsam, reflektiert, probiert. Wo?

Kollaboration schafft Zeitersparnis!

Die eigene Vorbereitungs- und Arbeitszeit wird effizienter, wenn ich im Team arbeite, weil ich nun mal eben nicht alles alleine entwickeln muss. Damit wird Zeit frei, für Anderes. Ansprechendes Unterrichtsmaterial zu gestalten, das lernförderlich und heterogenen Eingangsvoraussetzungen genügt, ist nicht leicht zu erstellen. Leichter geht das im Team, mit Struktur und Konzept. Gemeinsame Absprachen, die Entwicklung von gemeinsamen Standards ermöglichen ebenso eine Vergleichbarkeit von Unterricht und damit leistet dies letztlich einen Beitrag zu mehr Gerechtigkeit im Bildungswesen. Langfristig führt das zu Belastungsreduktion im Alltag. Fangt dazu klein an, sucht euch Kolleg:innen mit gleichem Interessensgebiet, und auch anderen Meinungen, Kritiker sind manchmal die besten Lehrer:innen. Entwickelt zusammen eine Unterrichtseinheit zu einem Thema, holt euch gezieltes Feedback zu Material ein. Und vor allem teilt Material untereinander, habt keine Angst, dass etwas nicht gut genug ist, sondern nehmt konstruktive Kritik als positives Feedback an.

Zusammenarbeit stärkt das WIR-Gefühl

Das WIR-Gefühl kann in Pandemiezeiten schneller schwinden als einem lieb ist. Schüler:innen und Lehrer:innen sitzen zuhause alleine am PC, umgeben vom Alltag der Familienmitglieder, Arbeit und Freizeit sind völlig entgrenzt. Wie schafft man es, dass man trotzdem als Schule zusammenhält, eine gemeinsame Perspektive hat und an dieser festhält? Kooperation, Kollaboration! Tauscht euch aus, teilt Material, vernetzt euch, diskutiert miteinander was guter digitaler Unterricht ist, probiert es aus, reflektiert … . Mittlerweile dürften viele bemerkt haben, dass es “nach den Ferien” oder “nach dem Lockdown” nicht einfach so “normal” weitergeht. Digitaler Unterricht wird noch einige Zeit ein Begleiter sein und wird danach sehr wahrscheinlich auch Bestandteil von Schule bleiben. Denn schließlich bereiten wir als Bildungseinrichtung ja auch auf die Zukunft vor, da ist eben die “Kultur der Digitalität” nicht wegzudiskutieren. Auch wenn uns allen die soziale reale Begegnung in der Schule fehlt, kommt man durch diese Zeit nur gemeinsam. Besucht digitale Kaffeepausen, bringt euch in Diskussionen ein, ob in Chatforen oder Videokonferenzen, Schule gestalten immer noch die, die Teil davon sind. Denkt Schule gemeinsam weiter. Nicht von Ferien zu Ferien, sondern von theoretischen Möglichkeiten zur praktischen Erprobung.

Wie kann Schulleitung unterstützen?

Die Schulleitung hat durch strukturelle Rahmenbedingungen Vorgaben, die unumstößlich sind, das bringt das behäbige unflexible Bildungswesen mit sich. Daher sind folgende Aspekte als Wünsche zu verstehen, als Gedankenanstöße und Perspektiven zum Austausch.

  • Stundenpläne, die für kooperationsfreudige Teams und Kolleg:innen, so gestaltet sind, dass Kooperationszeiten vielleicht nicht an den Rand nachmittags halb vier gelegt werden, sondern als Zeichen der Wertschätzung des Kooperations- und Entwicklungswillens, in den Unterrichtsalltag integriert werden
  • flache Hierarchien in progressiven Schulen erleichtern Kommunikation und senken die Hemmschwelle, Mitglieder der Schulleitung für Kooperationsprojekte zu begeistern
  • Erkennen von Ressourcen und Kompetenzen der Lehrkräfte, und damit einhergehende Streuung von Führungsverantwortung (“shared leadership”)
  • Einbinden schulischer Akteure aus Kooperationsprozessen in schulischen Entscheidungsprozessen z.B. jourfixe
  • Förderung und Austausch mit Lehrkräften, die Kooperationsprozesse anstoßen, Förderung und Vorleben einer aktiven Kooperationskultur
  • hinsehen, zuhören, nachfragen

verwendete Literatur:

Elisabeth Baum , Till-Sebastian Idel, Heiner Ullrich (Hrsg.); Kollegialität und Kooperation in der Schule, Theoretische Konzepte und empirische Befunde” in: Schule und Gesellschaft, Band 51, Springer VS

Silke Trumpa/Eva-Kristina Franz/Silvia Greiten; Forschungsbefunde zur Kooperation von Lehrkräften,
Ein narratives Review in: DDS – Die Deutsche Schule, Jahrgang 108, 2016, Heft 1, S. 80-92, 2016 Waxmann

https://www.deutsche-schulakademie.de/files/user_upload/PDF/36657_Q8387_Kooperation_an_Schulen.pdf

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